40 Jungmuscheln kehren zurück in den Naturpark Steinwald

Nach 4 Jahren kehren vierzig 1,5 cm kleine Flussperlmuscheln von der Aufzuchtstation Huschermühle des Bund Naturschutz/Kreisgruppe Hof zurück in Ihr Heimatgewässer im Naturpark Steinwald. Damals kamen diese Jungmuscheln als Larven nach Regnitzlosau, um sich an die Kiemen der dort gehälterten Bachforellen anzuheften – als kleine Parasiten – , wo sie ihre ersten 9 Lebensmonate verbringen. Nach ihrer Zeit in den Kiemen fallen die kleinen Muscheln ab und verbringen im künstlich angelegten Bachbett der Hälterstation ihre ersten Lebensjahre. Jetzt kehren die Muschelwinzlinge in den Steinwald zurück und werden nun noch zwei Jahre weiter beobachtet und ihr Wachstum dokumentiert, bis sie schließlich ins Bachbett zurückkehren. Daniel Höllering und Michal Blaha, Mitarbeiter des BN Hof an der Huschermühle, bringen die kostbare Fracht in den Naturpark, wo er gemeinsam mit Rangerin Cornelia Greiner und Geschäftsführerin Elisabeth Frank die Muscheln an Ihren Ursprungsort zurücksetzt.

Flussperlmuscheln vom Aussterben bedroht – Nachzucht als Hilfestellung für Art 

Da die inzwischen sehr selten gewordenen Süßwassermuscheln vom Aussterben bedroht sind, erweist sich die Nachzucht nun als Glücksfall für die Population im Naturpark, die leider nur noch einige wenige Exemplare umfasst. Die erste Nachzucht wurde 2018/2019 als Artenhilfsprogramm vom Naturpark auf den Weg gebracht.

Dazu hatten die zuständigen Fachkräfte die Larven der trächtigen Muscheln, sogenannte Glochidien, gewonnen und zur Nachzuchtstation nach Regnitzlosau gebracht. Aus dieser ersten Nachzucht stammen die 40 Individuen, die nun ins Gewässer zurückkehren und das Leben im Bach sehr bereichern, weil es im Gewässer selbst genau an diesen jungen Muscheln fehlt. Grund dafür ist die starke Überalterung der ursprünglichen Population, weil viele Jahre die natürliche Reproduktion ausgeblieben ist und die Anzahl der Individuen stark abgenommen hat.

Unterstützt wurde das Vorhaben der Nachzucht vor 4 Jahren auch durch den Verein KulturLandschaft südlicher Steinwald e.V., welcher durch den Erwerb und Bau der Hälterstation an der Grenzmühle die Bedingungen für die Nachzucht erleichtert hatte. Die Hälterstation ist inzwischen als vierte Infostelle des Naturparks im Herbst 2022 eröffnet worden.

Aufgrund eines 2019 gestarteten Biomonitorings in den Perlmuschelgewässern vor Ort konnte ein großer Teil, der in der Nachzuchtstation aufgezogenen Muscheln, bereits in den letzten Jahren ins Gewässer bzw. an die Hälterstation zurückkehren, allerdings mit mäßigem Erfolg. Besonders in den ersten beiden Lebensjahren sind kleine Muscheln besonders anfällig, die Sterblichkeitsrate ist sehr hoch. Daher haben bislang bei der Hälterung direkt im Gewässer nur wenige Tiere überlebt. Mit zunehmendem Alter stabilisieren sich die Tiere und die Überlebenswahrscheinlichkeit steigt an. Um die Überlebensraten vergleichen zu können, wurde ein Teil der Individuen an der Nachzuchtstation aufgezogen. Wie man inzwischen weiß, lohnt sich eine längere Hälterung deutlich für die Art und deren Überleben.

 

 

Artenschutz Hand in Hand – Zusammenarbeit zwischen allen wichtigen Institutionen

Die Nachzucht, seit 2019 eine jährliche Maßnahme im Naturpark und wichtige Ergänzung des seit 2001 bestehenden Artenhilfsprogrammes für die Flussperlmuschel, wird in enger Abstimmung mit den zuständigen Behörden, der Unteren Naturschutzbehörde in Tirschenreuth, der Höheren Naturschutzbehörde in Regensburg, der Muschelkoordinationsstelle der Technischen Universität München sowie dem Eigentümer und Fischereiberechtigen vor Ort umgesetzt.

Der Impuls für die Nachzucht kam im Jahr 2018 von Robert Mertl, der für die Regierung der Oberpfalz mit seinem Landschaftsplanungsbüro immer wieder mit Maßnahmen die Population der Flussperlmuschel unterstützt hatte.  Der Naturparkverein mit dem ehemaligen Geschäftsführer Ernst Tippmann hatte daraufhin die Beantragung der Maßnahmen übernommen, in enger Abstimmung mit Frau Christine Rapp, Höhere Naturschutzbehörde, und so konnte die Nachzucht 2019 begonnen werden.

Jungmuscheln ein „wahrer Glücksfall“ für den Bestand vor Ort

Umso mehr freute sich Wolfgang Degelmann, Geschäftsführer des BN Hof und Leiter der Nachzuchtstation in Regnitzlosau darüber, die Information an den Naturpark zu überbringen, dass nun 40 junge Flussperlmuscheln endlich in Ihre Heimat, die Steinwaldgewässer zurückkehren können. Damit steht nun, nach vier Jahren, fest, dass die halbnatürliche Nachzucht erfolgreich ist und eine Rettung des überalterten Bestandes auf diese Weise möglich ist. Die Freude bei allen Beteiligten rund um das Projekt im Naturpark Steinwald ist riesengroß.